• Beitrags-Kategorie:Segeletappen
Hin und wieder auch mal Rauschefahrt
Große, weite Biscaya

Die latente Müdigkeit bestimmt von nun an unseren Rhythmus. Immer wenn wir mal keine Wache haben – was nicht so oft vorkommt – legen wir uns in die Koje und versuchen etwas Schlaf zu finden. Und uns beiden gelingt das recht schnell. Der Körper nimmt sich manchmal, was er braucht. Detlef nennt es ´komatösen Schlaf´. Aber danach sind wir deutlich erholter.

Detlef auf Wache...
...und bei der Zubereitung des Kartoffelauflaufes

Der Tag beschert uns Sonnenschein und Wind aus NE bis E. Immerhin können wir einigermaßen segeln und kommen mit etwa 5kn auch voran. Nur deutlich langsamer als von mir erwartet. Zum Glück bleibt es heute ereignisärmer als zuvor und am Abend kommen wieder ein paar  Delphine zu Besuch. Was für ein schönes Gefühl – immer wieder – die pure Lebensfreude und Verspieltheit dieser Tiere zu beobachten. Ich klatsche mit den Händen und lache laut. Das bekommen sie mit und fühlen sich noch weiter angespornt. Einer schwimmt auf der Seite, so dass er mit einem Auge nach oben schauen kann. Wir sehen uns in die Augen und es ist, als würde er auch lächeln. Wenn das keine Interaktion war, dann weiß ich es nicht.

Kaffee kochen in Schräglage

In der Nacht kommt – wie prognostiziert – die Flautenzone und wir starten den Motor. Etwa 3 Stunden läuft der ´Jockel´ und dann kommt wieder leichter Wind auf, diesmal aus SW. Ruhe im Boot und weiter Wache gehen. Auch der Tag ist ereignisarm. Ein Highlight ist der Kartoffelauflauf, den Detlef und ich kreieren. Wobei meine Kreation bestand aus Kartoffel und Zwiebel schälen. Der Tag ist grau und es ist relativ kühl. Wir haben entschieden, dass wir nicht noch eine Nacht durch segeln wollen und den nächst möglichen Punkt anfahren, an dem wir ankern können.

Ein kleiner Passagier (ob er Blind war weiß ich nicht) gesellt sich zu uns

Orcas...nein Danke

Die Meilen zählen nur langsam herunter. Dafür lässt der Wind weiter nach. Es sind noch 32sm, als er gänzlich einschläft. Wir hatten uns bezüglich der Orca-Problematik vor der galizischen Küste eine mögliche Taktik überlegt. Wer es noch nicht wusste: es gibt seit etwa 2 Jahren Probleme mit den ´Killerwalen´. Seit der Corona-Welle und den damit verbundenen Einschränkungen – auch für die Schifffahrt – haben die Orcas das erste Mal in ihrem Leben vollkommene Ruhe kennen gelernt. Seit der Schiffsverkehr wieder zugenommen hat, gibt es vermehrt ´Angriffe´ auf Boote, die kleiner sind als 15m. So ist es im Juli vor der portugiesischen Küste erstmals zu einem Untergang einer Yacht gekommen. Zum Glück konnte die Crew gerettet werden. Es gibt seit letztem Jahr eine Karte auf der Orca-Sichtungen und  Angriffe verzeichnet werden ( www.orcaiberica.org ). Dieser konnten wir entnehmen, dass ein direkter Weg von der Bretagne nach La Coruna unweigerlich zu einer Begegnung führen würde. So kam es uns entgegen, dass wir den Zielhafen nicht direkt anlaufen konnten, sondern östlich an dem Gebiet vorbeifuhren, in dem die meisten Vorfälle gemeldet worden waren.

Soweit die Theorie. In der Praxis haben wir trotz nunmehr totaler Flaute versucht, keinen Mucks von uns zu geben. Aber nach einer halben Stunde des Dümpelns wird der Entschluss gefasst, das Ruder der Windsteueranlage abzunehmen und so – für alle Fälle – noch auf ein Notruder zurückgreifen zu können, den Motor zu starten und mit voller Fahrt in Richtung Bucht zu fahren. Gesagt, getan. Das Ruder ist abgebaut. Wir schauen uns erwartungsvoll an. Wer will den Motor starten? Ich tue es. Detlef steuert und schaut auf die bleierne See. Nach nicht einmal einer Minute ruft er: „Was ist das denn da…? Sind das Wellen, neee, das ist eine Gruppe Delphine, oder?“ Ich werfe einen Blick in die angezeigte Richtung und erkenne, dass es die Rückenflossen einer Gruppe von Orcas sind. Sie ragen weit aus dem Wasser und sind unverkennbar. Die Gruppe besteht aus ca. 10 bis 15 Tieren, die scheinbar in Seelenruhe ihre Bahn ziehen. Sie befinden sich etwa 100m neben uns auf entgegen gesetztem Kurs. Ich krieg die Krise. Das kann doch einfach nicht wahr sein. Wir lassen hier nichts aus. Ich mache schnell den Motor aus und berge das Großsegel. Jetzt ´geigt´ das Boot in der Dünung wie wild und wir versuchen, uns ruhig  zu verhalten. Die Orcas scheinen sich nicht beirren zu lassen und schwimmen in Ruhe weiter. Wir warten ungefähr eine halbe Stunde und wagen einen Zweiten Versuch. Motor an und dann mit Marschfahrt wieder in Richtung Bucht. Wir sind gespannt bis unter die Zehennägel. Aber es bleibt zum Glück ruhig. 

 

Sundown auf der Biscaya
Auf den letzten Meilen bis zur Bucht werden wir von Delphinen eskortiert

Nun also schon wieder eine Ansteuerung in tiefer Nacht. Man könnte meinen, wir hätten Gefallen gefunden, an solchen Aktionen – dem ist nicht so!!! Wir tasten uns in eine Bucht hinein, die auf der Karte sehr geschützt aussieht und wollen dort vor Anker gehen. Das gelingt uns auf Anhieb und der Manöverschluck wird heute Nacht ein wenig größer ausfallen 🙂 Immerhin haben wir die Biscaya ´bezwungen´ und 350sm am Stück gesegelt.

Die Fahrt geht heute weiter bis nach La Coruna. Dies ist dem Wind geschuldet, der heute zumindest zum Teil für Vortrieb sorgen kann…

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Axel W.

    Mal ehrlich – ich warte mittlerweile jeden Tag auf die spannenden Bericht – was gibt es neues abenteuerliches. Aber auch ganz normale Segeltage wären mir recht. Zum Glück gibts ja noch die Delphine als Ausgleich!

  2. Detlef H

    Schön das Ihr gut angekommen seit, von Orcas machen wir uns hier keinen Kopf, schon eher um Waterplanten im Markermeer. Weiterhin gute Fahrt und auch weiterhin, bitte, so schöne Berichte.

Schreibe einen Kommentar