Eine der schlimmsten Nächte liegt hinter uns. Am Abend mussten wir die Segelfläche verkleinern, weil der Wind am Abend zugenommen hat. Aber das macht die Segelei nicht viel angenehmer. Es gibt 2 verschieden gerichtete Wellensysteme. Das eine ist eine langgezogene Welle, die der Richtung der Passatwinde folgt und eigentlich gar nicht so schlimm ist. Sie ist bis maximal 5m hoch aber dadurch, dass der Abstand zwischen den Wellen recht groß ist, kann man von einer Bewegung sprechen, wie man sie als Baby in Kinderwagen erfahren hat – nur eben mit einem Maßstabsfaktor. Das blöde ist nun aber, dass es seit Monaten im Nordatlantik immer wieder Stürme gibt. Diese erzeugen leider auch Wellen und ärgerlich dabei ist, dass sie sich unbekümmert weiter bewegen, wenn ihnen kein Hindernis in den Weg gestellt wird. Die Wellen erreichen uns leider auch und zwar in einem ganz unliebsamen Winkel. Jetzt haben wir also zwei quer zueinander gerichtete Formationen, die von außen betrachtet ein lustiges Spiel mit uns betreiben. Das mit dem lustig ist schnell relativiert, wenn man versuchen möchte, zu schlafen. Aber ich will ich nicht mit solchen langweiligen Nebensächlichkeiten belasten. Dazu habe ich ja schon gestern ausführlich Bericht erstattet. Erst am Morgen lässt der Winddruck etwas nach und auch die Bewegungen im Schiff sind wieder erträglicher. Nur die komplette Mannschaft hat dabei keinen ausreichenden Schlaf gefunden.
So müssen wir das geplante – üppige – Adventsfrühstück ein wenig nach hinten verschieben. In der Nacht hatte Chris ein Ciabatta gebacken, das leider innen noch ein wenig saftig und außen schon angeröstet ist. Das müssen wir zunächst noch etwas aufpimpen, bevor es gegessen werden kann. Wir zü+nden die erste Kerze unseres improvisierten Adventskranzes an und ich trage das allseits bekannte und von mir schon so oft vorgetragene Adventsgedicht von Loriot vor. In Chris und Guido habe ich zwei Zuhörer, die es von mir noch nicht gehört hatten. Wir gehen unserem geregelten Tagwerk nach. Chris liest das Buch an einem Stück durch, Guido versorgt uns zwischendurch mit überreifem Obst. Die Bananen, die wir hier essen, würden wir vermutlich zu Hause kaum mehr ansehen. Aber die sind wirklich sehr lecker, wenn gleich vermatscht. Die Angel wird wieder ausgebracht, aber heute ist uns Petri nicht wohl gesonnen. Zwei Bisse gab es, doch scheint es den Protagonisten nicht gefallen zu haben und sie haben sich wieder los gerappelt. Jetzt werden wir sie gleich einholen, damit nicht mitten in der Nacht alle raus müssen, um einen Fisch einzuholen.
Nachdem Chris zusammen mit Guido gestern fast 2 Liter Frischwasser mit dem Watermaker hergestellt haben, versuche ich heute auch mal ein workout zu machen. Es ist sehr mühselig, mit dem Handgerät Wasser herzustellen aber es funktioniert super. Das Prinzip kann ich leider nicht wissenschaftlich fundiert beschreiben. Nur so viel hab ich gelernt, dass es per Umkehrosmose geht. Wir nehmen einen Eimer Salzwasser und saugen mit Hilfe eines Pumpschwengels daraus Wasser in einen Apparat, in dem sich eine Membran befindet. Mit dem Schwengel wird nun ein Druck von mehreren Bar erzeugt und so das Wasser von seinen Salz- und sonstigen Schwebanteilen befreit. Heraus kommt pro 8 Liter Salzwasser etwa ein viertel Liter Süßwasser. Etwa 40min workout reichen für beinahe 2,5 Liter besten Trinkwassers. Das verwenden wir sogleich für unseren neue Kreation: It´s Atlantiktea-Time. Der Tee schmeckt hervorragend und wir haben ihn uns wohl verdient.
In der Nacht gab es noch eine nette ´Begegnung´ mit einem anderen Schiff. Das hatten wir schon länger auf unserem AIS (Automatisches Identifizierungssystem) gesehen. Aber es ist kein Teilnehmer der ARC. Jedenfalls rief Alex – der Eigner – uns per Funk an und fragte direkt nach meinem Namen. Ich laf schon in der Koje und war schwer verwundert, dass da mitten auf dem Atlantik jemand meinen Namen kennt. Es ist die `Mahea´, die in der Marina Rubicon einen Tag vor meiner Abfahrt dort neben mir lag. Sie ist ein baugleiches Schwesterschiff von Petoya Too. Immer wieder erstaunlich, welche Zufälle es gibt. Selbst wenn wir uns abgesprochen hätten, wäre es vermutlich nicht zu erwarten gewesen, dass wir uns hier mitten im Nirgendwo wieder begegnen. So kommt ein netter Plausch zustande. Und es gibt uns das Gefühl, dass wir nicht alleine sind, auf dieser Welt.
So, Guido hat wieder etwas leckeres gekocht und wir schreiten zum Abendessen. Schaltet gerne morgen wieder ein, wenn es heißt: 3 Jungs auf Atlantiktörn 🙂
Zur Zeit liest sich der Blog genauso amüsant wie der Film mit den 3 Männer von … Bitte weiterso und weiterhin guten Törn.
Congratulations on your first week!
Also ich kann dein Adventsgedicht immer wieder gerne hören. Köstlich.