Nachdem ich vergeblich versucht habe, mit dem Dinghy in die Nähe der Maho-Beach zu gelangen, probiere ich es einen Tag danach mit einem Public Bus. Die Lagune grenzt zwar fast bis an den Strand aber davor liegt noch ein Golfplatz und es gibt leider keine Möglichkeit, mit dem Beiboot dort fest zu machen. Also musste ich den langen Weg zurück – mit Ersatzbenzin – zu Petoya Too gegen Wind und Wellen antreten. Da sind 2,5 PS nicht das passende Gegenargument.
Nun also mit dem Bus zu dem Strand, der dafür bekannt ist, dass dort die landenden Flugzeuge – es hat hier sogar mal eine Boing 747 aufgesetzt – ganz dicht über den Köpfen der Strandbesucher hinweg streichen. Und noch krasser sind die Videos, die man hierzu im Netz finden kann, wenn eine dicke Maschine mit vollem Schub startet. Nicht nur, dass das einen Höllenlärm macht, sondern man muss sich und seine sieben Sachen gut festhalten, um nicht ins Meer hinaus geschleudert zu werden. Der Wind, der von den Düsen erzeugt wird, weht in Orkanstärke durch den Maschendrahtzaun, hinter dem sich eine Menge Schaulustige befinden. Einige werden durch den Schub wie eine Flagge in die Höhe gerissen und wehen nach hinten aus, wenn sie denn stark genug sind, sich am Gestänge des Zaunes festzukrallen.
Leider sind im Moment nur ein paar kleinere „Inselhopper“ im Anflug und das ist nicht ganz so spektakulär. Da gehe ich doch bei der Hitze die hier gerade herrscht (30°) erstmal in den Schatten und trinke an der Bar ein Mango-Sorbet. Auch hier am Strand ist wieder Hochbetrieb. Natürlich ist das die absolute Touristenattraktion – deswegen bin ich ja auch hier – und jeder positioniert sich so gut es geht, um einen schönen Schnappschuss hinzubekommen.
Zwischenzeitlich sehe ich noch andere Formen, des kreativen Verkaufens von Hüten, Tüchern, Taschen und Kleidern. Allerdings habe ich nicht eine Person beobachten können, die auch tatsächlich etwas gekauft hat.
Dann kommt doch noch der ein oder andere etwas größere Flieger an. Und man wundert sich, was für einen Geräuschpegel selbst die schon erzeugen können. Ein Video hierzu habe ich auf Instagram gepostet. Schaut gerne einmal dort vorbei.
Das ist schon sehr spektakulär hier und es gibt glaube ich auf der Welt nicht so viele Spots, wo man so nah an die Startbahn heran kommen kann. Ich freue mich über ein paar schöne Fotos, die ich hier machen konnte und mache mich auf den Heimweg.
Half Way
Jetzt habe ich die Hälfte meines Sabbatjahres schon um. Die Zeit geht doch ziemlich schnell ins Land. Es waren eine Menge Abenteuer dabei. Dinge, die man nicht unbedingt braucht (Fischernetze, Corona, Flauten und Gegenwind, Orcas die nicht angegriffen haben, ein zertrümmertes Solarpanel, Algenteppiche u.v.m.) und Dinge, die schön waren und Spaß gemacht haben (immer wieder ein Ankommen, Landausflüge, Begegnungen mit vielen netten Menschen, schöne Landschaften, bunte Tierwelt (am Anfang die Delphine), viele Menschen die glücklich sind, obwohl sie nicht im Reichtum baden, immer wieder hilfsbereite Leute, die in Situationen auftauchen, in denen man fast nicht mehr weiter weiß und gemeinsam mit mir eine Lösung finden.)
Es gibt eine Menge Aspekte, die genannt werden können. Am Anfang ist es die Schwierigkeit, die Leinen überhaupt los zu werfen. Dann ist es die Konfrontation mit einem Dauerurlaub, den ich in dieser Form noch nie erlebt habe. Ich war vor langen Jahren mal 5 Wochen am Stück weg. Aber über Monate…? Auch wenn jetzt jeder sagt, dass das ein Geschenk ist, so ist es doch gar nicht so einfach, damit umzugehen. Ich habe nach wie vor oft Sehnsucht nach zu Hause und nach einer Person, die ich immer wieder ganz besonders vermisse.
Und dann ist da diese große Verantwortung, die ich als Mitsegler auf den bisherigen langen Touren in der Vergangenheit so nicht kannte. Es zermürbt mich manchmal, an alles alleine denken zu müssen, alles selber zu organisieren, mich immer wieder um die kleinen und großen Probleme auf dem Schiff zu kümmern. Ich kann nicht so entspannt sein, wie ich es sein sollte, weil ich immer an irgendetwas denke, was erledigt sein möchte. Ich kann das nicht abstreifen. Es ist nicht so, dass ich die ganze Zeit Trübsal blase. Nein, es gibt auch viele Momente, die ich genieße und schön finde. Aber die liegen meistens in Situationen, in denen ich nicht alleine bin. Es hat mir gut getan, Mitsegler zu haben und das wird auch weiterhin so sein. Zuletzt war es mein Bruder. Wir haben – trotz Corona – eine schöne Zeit gehabt und uns super verstanden und gemeinsam ein paar Abenteuer erlebt.
Ich blicke den nächsten Wochen endlich auch etwas entspannter entgegen. Zum einen habe ich immer wieder liebe Menschen an Bord und zum anderen muss ich ab sofort nicht mehr gegen die starken Passatwinde fahren. Zumindest keine langen Distanzen mehr. Ich freue mich auf die British Virgin Islands und die schönen Buchten, die es dort geben soll. Auf´s Schnorcheln und auch auf das Fangen eines Fisches mit Experten, die bald an Bord sind (Torsten &Meli). Auf einen Cocktail in einer Bar, auf türkises Wasser und was es sonst an schönem gibt. Aber natürlich habe ich auch die ein oder andere Sorgenfalte. Und am Ende steht dann die Übergabe des Bootes an eine fremde Crew. Ich hoffe, dass diese unbeschadet zu den Azoren segelt und ich das Schiff dort wieder in Empfang nehmen kann…
Wie alles weiter geht, werdet ihr hier erfahren. Ich hoffe, ihr fiebert weiterhin mit mir und unterstützt mich mit euren schönen Kommentaren…
Hallo Thomas, deine Situation hast du richtig beschrieben. Eigentlich sollte man die Zeit mehr als Geschenk des Lebens ansehen. Du wirst später auch deine negativen Erfahrungen auf deine Tour als positiv einschätzen. So ging es mir in den 6 Wochen in Indien.
Spektakulär dein Video vom Flugplatz und die Bilder der freundlichen Menschen denen du begegnest.
Langeweile kann dabei nicht aufkommen.
Liebe Grüße aus Neuss von Roswitha und Dieter
Lieber Thomas,
Wir haben diesen tiefgreifenden Text gelesen, während wir ausruhend auf der Couch sitzen. Wir können uns sehr vorstellen, wie Dich Dein Gefühlschaos berührt. Es sind einfach wahnsinnig viele Eindrücke, die Du wahrscheinlich wirklich erst in den nächsten Jahren verarbeiten wirst. Keiner kann sich die einzelnen Dinge vorstellen, aber wir bekommen durch Deine Texte einen kleinen Eindruck davon. Du hast Dich zu unserem Glück etwas getraut, was fast keiner macht. Du bist diese weite und gefährliche Strecke gesegelt und wir profitieren in ein paar Wochen davon, wenn wir Dir hoffentlich eine top Gesellschaft sein werden.
Wir hoffen so sehr, dass es Dir ab jetzt richtig gut gehen wird und Du die kommende Zeit endlich nonstop genießen kannst. Gewiss wird Dein schönes Schiff ab jetzt auch nachts nicht mehr schaukeln.
Wir freuen uns schon auf Deinen nächsten Beitrag.
Viele liebe Grüße
Melli und Torsten
Gute Worte!
Wenn erst Tante und Onkel an Bord sind, wirds richtig gemütlich und Du, Thomas, kannst Dich ausruhen. Die beiden Top-Segler werden Dich nach Kräften entlasten. Und dann steht ja auch noch eine Geburtstags-Party an. Wir wünschen schon heute alles Liebe und viel Spaß zusammen. J. u.M.
Hey – Herr Clemens – nicht so viele Sorgenfalten, die brennen sich nachher ein! Sie managen das schon! Ist halt wie der AD im Amt – jede Messung eine neue Herausforderung. Ich wünsche Ihnen, dass die schönen Stunden immer mehr zunehmen. Ich freue mich auch weiterhin auf Ihre Berichte.