Am Tag nach der Wanderung verabschiede ich mich von Stacie, Jim und Marleen. Wir tauschen noch unsere Nummern aus, weil es noch Fotos zum Tauschen gibt und ich darauf hoffe, dass Jim mir noch Tipps bzgl. Puerto Rico geben kann. Er hat zum Beispiel eine Nummer von einem deutschen Freund auf Culebra, einer kleinen Insel östlich von Puerto Rico. Die Idee ist, dass ich das Boot dort lassen und mit einer permanent verkehrenden sehr günstigen Fähre übersetzen kann nach San Juan, dem Hauptort auf PR. Das werde ich mir noch genauer anschauen.
Es weht wieder eine sehr steife Brise, auch hier im Hafen und jetzt fehlt mir doch die eine oder andere Hand. Jim bietet sich spontan an, die Vorleine auf Zuruf zu lösen. Das klappt ganz gut und jetzt bin ich auf einer sehr langen Etappe auf mich alleine gestellt.
Doch vor dem Ablegen von einem Inselstaat muss ich wieder die Ausklarierungsprozedur über mich ergehen lassen. Wieder erst zum Customs, ein Formular in dreifacher Ausführung (eins für den Officer, eins für die Immigration und eins für mich). Dann geht es in das Immigrationsgebäude, wo ich den zweiten Durchschlag abgebe und einen Ausreisestempel in meinen Reisepass bekomme. Auf das ja alles seine Richtigkeit hat. So schlimm ist unser Beamtentum in Deutschland gar nicht 🙂
Ein wenig verschiebt sich meine Abreise von St. Kitts noch, weil ich ja mein Handy im Reparaturshop abgegeben hatte. Es stellt sich heraus, dass die Kontakte zum Laden des Handys verrostet waren und das Element ausgetauscht werden musste. Das kostet mich zwar 80 Dollar aber jetzt lädt es wieder und ich komme uneingeschränkt an alle wichtigen Daten
Meinen Ursprünglichen Plan, nach St. Barthelmy (St. Barths) zu segeln, verwerfe ich aus mehreren Gründen. Zum einen lag dort bis heute morgen die ´Scott Free´, die uns auf dem Atlantik mit Diesel ausgeholfen hatte. Noch immer sind die 4 Edelstahlkanister auf Petoya Too verstaut. Doch blöderweise ist die riesige Motoryacht jetzt auf dem Weg zu den BVI´s und entfernt sich schnell. Und nun nur deshalb nach St. Barths zu segeln, weil da viele Reiche und Schöne anzutreffen sind und wieder den Umstand des Ein- und Ausklarierens auf mich zu nehmen, das ist es mir nicht wert. Außerdem ist Starkwind und ich müsste vermutlich noch einen Kreuzschlag einlegen, um dort hin zu kommen. Der einzige Vorteil, dass die Strecke nur etwas mehr als 45sm beträgt, ist somit auch dahin. Ich stelle mich auf einen langen Tag ein und rechne nicht vor 21 Uhr mit meiner Ankunft auf St. Martin (dem französischen Teil der Insel).
Zumindest bleibe ich heute von Squalls verschont aber dafür muss ich gefühlt 10 mal auf die Badeplattform klettern um das Ruderblatt der Windsteueranlage von Algen zu befreien. Es ist eine wahre Pest. Permanent liegen dicke Teppiche von diesen gelblichen Wasserpflanzen im Weg. Ich kann ihnen nicht ausweichen, weil sie oft mehrere hundert Meter lang und bis zu 10m breit sind. Das Problem ist dabei, dass sich dicke Büsche an der Vorderkante des Ruderblattes so verfangen, dass sie nicht von selber abfallen können. Die Fahrt verlangsamt sich dann immer um bis zu 2 Knoten. Außerdem entstehen große Hebelkräfte, die die Aufhängung der Windfahnenanlage belasten. Es ist ein gefährliches Unterfangen, dort hinten alleine herum zu turnen. Ich bin zwar immer angeleint mit zwei Sicherungsleinen aber wenn ich abrutsche und dabei ins Wasser falle, wird es eher schwierig, wieder zurück aufs Boot zu gelangen. Also verkeile ich mich hinten auf der Plattform so gut es geht, nehme den Bootshaken zur Hand und streife die schweren Algenfladen nach unten weg. Sofort geht ein Ruck durchs Boot und wir fahren wieder das gewohnte Tempo. So kommt auf der gesamten Tour keine Langeweile auf.
Die Sonne neigt sich dem Horizont entgegen. Das Ziel ist eigentlich schon ganz nah. Aber ich muss noch einmal um die halbe Insel herum, weil ich mir habe sagen lassen, dass das Aufnahmeritual auf dem französischen Teil deutlich einfacher und preisgünstiger von Statten geht. Eines der vielen Kreuzfahrtschiffe kommt mir auf Kollisionskurs entgegen. Da wir uns in offenem Gewässer befinden, muss er mir ausweichen, was natürlich ein ganz schöner Umstand sein kann. Er ruft mich per Funk an und vereinbart zunächst, dass er hinter dem Heck von Petoya durchlaufen würde. Dann entscheidet er um und fragt an, ob es mir möglich ist, dass wir uns an Backbord begegnen. Das ist absolut kein Problem. Ich ändere den Kurs ein wenig und so zieht der dicke Dampfer in sicherer Entfernung an mir vorbei.
Bald nehme ich die Segel weg und fahre mit nur noch knapp 4 Knoten gegen Wind und Strömung zur Ankerbucht Marigot Bay. Es ist natürlich jetzt stockdunkel und ich blicke gegen die teilweise sehr grellen Lichter an Land. Vorsichtig taste ich mich an das große Ankerfeld heran um bloß kein Boot zu übersehen, geschweige denn zu rammen. Es stellt sich heraus, dass hier so viel Platz ist und die Wassertiefe flächig bei nur 4 bis 7m liegt. Außerdem ist der Grund sandig und damit bestens zum Ankern geeignet. Das Manöver gelingt problemlos. Um 21:20 Uhr liege ich ruhig, wie in Abrahams Schoß. Die Strecke betrug heute etwas mehr als 60 Seemeilen.
Am, nächsten Morgen geht es schon um halb 8 wieder Ankerauf. Es gibt nur zwei Brückenöffnungszeiten um in die Lagune zu kommen. Um 8:30 Uhr und um 17 Uhr. Die erste Zeit will ich nicht verpassen und bin zeitig vor Ort.
Jetzt habe ich Zeit, mich auf der Insel umzuschauen und dann bald – anfang März – mit Lilo und Karlheinz die nächste Etappe in Angriff zu nehmen. Morgen werde ich mich um das Boot kümmern und dann natürlich auch einen Ausflug unternehmen…
Hallo Thomas,
trotz der Unmengen an Sargassum, das für Dich als Solosegler nicht nur besonders lästig ist, sondern obendrein gefährlich, vermitteln die Fotos insgesamt doch das beneidenswerte Feeling vom nie endenden Sommer. Den Ankerplatz nähme ich auch mit Fallwinden 😊. Genieß´ die tolle Aussicht.
Viel Spaß beim weiteren Inselhopping; möglichst ohne „Golden Tides“.
Barbara