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Das ist der Köder der Wahl. Wir wollen versuchen, endlich wieder einen Fisch aus dem Meer zu holen.

Schon bevor der Wecker um halb 3 in der Frühe klingelt, bin ich auf den Beinen. Für Lilo und Karl-Heinz dürfte die frühe Startzeit eigentlich noch kein Problem darstellen, sind die beiden doch erst vor 2 Tagen in Deutschland gestartet und dort ist es schließlich schon halb 8. Eine halbe Stunde später ist der Anker oben und Lilo steuert uns vorsichtig an den anderen Ankerliegern vorbei in Richtung Karibisches Meer. Wie vorhergesagt weht nur ein laues Lüftchen und das Großsegel setzen wir nur, um die Bootsbewegungen in der langgezogenen Dünung etwas zu lindern.

Eine neue Gastlandflagge und der Quarantänestander werden unterwegs gesetzt.

Als wir aus der Abdeckung der Inseln Anguilla und St. Martin herauskommen, nehmen Wind und Dünung etwas zu und wir können etwa 45 Minuten lang segeln. Dann liegt die Fahrt wieder unter 3 Knoten und der Motor wird wieder gestartet. Ich habe das Gefühl, dass mir ein schöner Segeltag mit dem richtigen Wind aus der richtigen Richtung auch hier in der Karibik erspart bleibt. Es hätte auch nichts genutzt, noch ein paar Tage zu warten weil uns sonst hinten heraus die Zeit davon gelaufen wäre. Wieder ist das Meer übersäht von Sargassogras. Vorsorglich habe ich heute das Ruder der Windfahne nicht montiert. Da wir unter Motor fahren, kommt den ganzen Tag über die elektronische Selbststeueranlage zum Zuge. Die macht ihre Sache auch ganz ordentlich. 

Wir haben alle Gelegenheit, uns ein wenig auszuruhen. Derweil lässt der Wind immer weiter nach und Lilo ist plötzlich der Meinung, dass das Wasser aussieht, wie bei der Augsburger Puppenkiste. Ich habe da ein déja vu, vielleicht erinnert ihr euch. Es wird Zeit, die Angel aus der Backskiste zu holen und zusammen zu bauen. Heute auf dieser langen Strecke über freies Wasser muss es doch endlich wieder gelingen, einen Fisch an den Haken zu bekommen. Die Vorbereitung nimmt ein wenig Zeit in Anspruch. Ich will ca. 6m Nylonleine an die feste Angelschnur binden, die auf der Rolle ist. Es braucht aber einen Verknüpfungsknoten, der unter den Seemännischen so nicht zu finden ist. Zum Glück hat Torsten – der mir unter anderem mit ein paar Haken ausgeholfen hat – ein Foto geschickt. Es gelingt auf Anhieb, die beiden so unterschiedlichen Schnüre zu verbinden, ohne dass ich den Eindruck haben muss, dass diese sich alsbald wieder lösen lassen. 

Die Angel ist endlich befestigt und der Haken an seinem Platz. Jetzt muss nur noch einer anbeißen.

Die auf dem Atlantik gesammelten Erfahrungen mit den Algen bestätigen sich leider auch hier schon wieder. Permanent durchqueren wir diese gelben Teppiche und alle 30 Minuten hängt der Köder voller Gras. Das geht auf die Unterarme und aufs Gemüt. Einzig die Tatsache, dass wir unter Motor dauerhaft um die 6 Knoten Fahrt haben hellt ein wenig auf. Wir liegen gut in der Zeit und sollten noch bei Tageslicht in der Ankerbucht vor Spanish Town sein. Wir entdecken in einer halben Meile Entfernung die Blase von mindestens zwei sehr großen Walen. Außerdem scheuchen wir auch immer wieder fliegende Fische auf. Aber sonst passiert nicht viel auf unserer Tour. 

Gelbflossenthunfisch

Noch etwa 20 Seemeilen liegen vor uns. Wir können Virgin Gorda schon seit einiger Zeit sehen und langsam schälen sich Konturen der Insel heraus. Voraus sind plötzlich mehrere Freizeitboote mit Angeln zu erkennen. Über ihnen kreisen 5 Fregattvögel. Dazu kommt, dass plötzlich – wie abgeschnitten – keine Algen mehr zu sehen sind. Das ist ein Zeichen. Der Angelhaken hatte jetzt seit einer Stunde das Wasser nicht mehr berührt. Aber nun ist es soweit. Ich bin überzeugt, dass wir den Fisch jetzt fangen. Wir passieren die Boote, die alle auf einer Linie zu liegen scheinen und ich rechne jeden Moment mit einem markanten Geräusch der Angel. Von der Seite kommt ein Fischerboot mit Tempo angefahren. Auch dieser hat an beiden Seiten großkalibrige Ruten ausgebracht. Zum Glück überfährt er unsere Schnur nicht. Ich blicke nach hinten als tatsächlich das Knarrengeräusch ertönt. Sofort springe ich zur Rolle und fange an zu kurbeln. Gebe Anweisungen an Karl-Heinz und Lilo. Sie Steuert jetzt per Hand und nimmt die Fahrt aus dem Schiff, er holt die Handschuhe, den Fanghaken und ein scharfes Messer. Lilo legt die schwere Winschkurbel parat. Der Fisch wehrt sich anfangs fast gar nicht. Doch als er sieht, dass sich offenkundig fremde Menschen an ihn heran machen, fängt er an seine Muskeln spielen zu lassen. Wie wild schwimmt er jetzt nach unten und wechselt mehrfach die Seite. Inzwischen ist Karl-Heinz auf der Badeplattform und versucht den Fanghaken unter den Kiefer des Fisches zu bekommen. Das gelingt endlich und wir können ihn an Bord hieven. Ich schätze ihn auf etwa 60 bis 70cm. Mir kommen jetzt 2 unangenehme Aufgaben zum Tragen. Und dann übernimmt Karl-Heinz. Er filetiert den Thunfisch gekonnt und wir erhalten 5 stattliche Stücke, die zunächst in den Kühlschrank verfrachtet werden. 

Ein prächtiges Exemplar ist das.

Wenig später genehmigen wir uns ein Bad im 2500m tiefen Atlantik (oder ist es die Karibik oder von beidem etwas…). Den Motor stellen wir ab und genießen die Ruhe. Ich lasse einen Fender an einer langen Leine nach hinten treiben und dann geht es ab ins warme Nass. Leder verzerrt Lilo sich bei einer Ausgleichsbewegung den Rücken. Unter Schmerzen kommt sie wieder zurück aufs Schiff. So ein Mist, das muss doch jetzt auch nicht sein. Sie macht ein paar Übungen, um sich wieder einzurenken und nimmt auch eine Tablette, die wenig später ihre Wirkung erzielt. 

Jetzt müssen wir noch eine Passage zwischen zwei Inseln meistern. Dort liegen ein paar unkartierte Felsen im Wasser und wir tasten uns vorsichtig durch das Labyrinth. Bei diesen Bedingungen ist es kein großes Problem. Wir flutschen so hindurch. Noch 2 Seemeilen, dann ist der Ankerplatz erreicht und wir finden einen geeigneten Platz. Zwar gibt es leichten Schwell, der die Bootsbewegungen unangenehm macht aber wir sind froh und stolz, diese lange Etappe gemeistert zu haben. Am Ende stehen 85 Seemeilen im Logbuch. Wir waren 15 ein halb Stunden unterwegs und es gibt einen tollen Abschluss des Tages. Lilo bereitet den Thunfisch in der Pfanne zu. Er wird nur kurz angebraten. Dazu gibt es Reis mit Möhren, Zwiebeln und Paprika. Ein wenig Zitrone wird noch über die Filets getropft und dann zergeht das saftige, rote Fleisch des Gelbflossenthunfisches auf der Zunge. So einen leckeren Fisch gibt es nur fangfrisch und wir dürfen ihn genießen. 

Langsam schält sich Virgin Gorda am Horizont aus dem Wasser
Wir lassen es uns gut gehen. Ein Glas Rosé dazu und wir fühlen uns wie Gott in Frankreich.

Morgen früh müssen wir noch einklarieren und dann können wir uns in der Inselwelt frei bewegen. Aber das Paperwork ist gar nicht so trivial hier….

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Bruder Markus

    „Happy birthday to you „ 🎉🎊🥰 meine liebe jüngste Tante! Wir hoffen , dass die Mannschaft der Petoya Dich heute rundum gut versorgt und Du einen tollen Tag an diesem besonderen Ort genießt. Und Euch allen unseren Glückwunsch zum leckeren Fang….Take care , bye M.u.A.

  2. Hans Dieter Clemens

    Petri Heil ihr Drei, großer Köder großer Fisch. Fangfrisch auf den Tisch, so liest man auf den Verpackungen im Supermarkt 🛒, aber selbst gefangenen Fisch und dann auch noch ein so prächtiges Exemplar, Kompliment. Hätte als Vorspeise aus eurem Tang und Tunfisch Suchy gemacht(lach).
    Jetzt muss ich aber erst mal gucken auf welche Insel ihr gelandet seid. Liebe Grüße an Lilo und Karl Heinz von Roswitha und Dieter.

  3. Hans Dieter Clemens

    Ergänzung zum Kommentar: unbedingt den Nationalpark 🏞 besuchen und Malachit finden. Ein grünlicher Stein der dort als Kupfererz abgebaut wurde. Es ist ein Schmuckstein. Und gute Besserung für Lilo Grüße

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