• Beitrags-Kategorie:Segeletappen

Es reißt endlich wieder auf und die Sonne lässt sich blicken. Petoya Too zieht ihre Bahn durch sehr bewegtes Wasser. Da der Wind vor dem Hochdruckgebiet,das uns von Westen her augenscheinlich näher kommt aus nördlichen Richtungen weht und wir einen Kurs von etwa 70° fahren müssen, um die Einfahrt in den Kanal nicht zu verpassen, fahren wir überwiegen quer zur Welle. Einige dieser blöden Dinger sind sehr vorwitzig und bauen sich kurz vor der Bordwand jugendlich unbekümmert auf um dem Boot einen mächtigen Schubser zu geben. Dabei legt sich Petoya dann immer wieder mal auf die Seite, als bräuchte sie eine Mütze Schlaf. Das macht das Leben an Bord zu einem wahren Vergnügen. Wer sich nicht ständig festhält, fliegt durch die Gegend. An guten Schlaf ist nicht zu denken.Alle sind entsprechend gerädert und trotzdem gut gelaunt.

Nach dem Frühstück gehe ich gestärkt an meine neues Bordspiel heran, das da heißt: Starte den Motor!

Der Gewinner sackt sich die notwendigen Ampèrestunden ein. Zunächst versuche ich es nochmal mit dem großen Motor. Aber das Spiel macht keinen Spaß. Dabei verliere ich immer große Mengen des kostbaren Stromes. Ich schmeiße frustriert die Hütchen um und laufe zum nächsten Spiel.

Ein einarmiger Bandit wartet auf mich. Er hat zwar keinen Arm aber einen Griff mit einer Reißleine dran.Das Spiel ist risikoärmer, kostet es doch lediglich ein wenig 2-Takt-Gemisch und – wenn es funktioniert – ein paar Gehörnerven wegen des erzeugten Krachs. Wenn ich den Automaten nun vernünftig mit Zugkraft versehe, kann ich bald meinen Nutzen in Form von gewonnenen Ampère ziehen. Mit denen wiederum kann ich die verlorenen Ampère des Bootsmotors wieder auffüllen.

Ich finde das klingt nach einem Plan aber es stellt sich als graue Theorie dar.  Der Haken daran ist, dass der neue Generator trotz großer Zuwendung seinen Dienst versagt. Ich kenne diese Dinger ja von meiner Arbeit im Außendienst und hätte gewarnt sein müssen. Aber bisher hab ich sie meistens angeworfen bekommen. Fakt ist, dass die Zündkerze feucht ist und nach Benzin duftet. Vielleicht liegt in ihr ja der Hund begraben. Das Spiel geht in eine weitere Runde. Zum Glück habe ich in Markus und Torsten zu Hause zwei Spezialisten, die mich mit Tipps versorgen. Noch sind ein paar Pfeile im Köcher. Aber es werden weniger. Solange der Wind hilft, kommen wir der französischen Küste immer näher. Noch sind es bis Roscoff etwa 550 sm. Also etwa 4 Tage. Dann wird es spannend – wenn der Motor bis dahin nicht läuft.

Wir versuchen gute Miene zu diesem Spiel zu machen und uns die Laune nicht verderben zu lassen. Aber das ist schon eine Aufgabe.

Wir verfolgen das Ziel, heil nach Hause zu kommen sehr konzentriert. Es gibt auch die Momente, in denen die Blicke aufs Meer gerichtet sind. Seevögel deuten auf Fischbestände, ebenso Delphinschulen, die den Weg von Petoya Too mehrfach kreuzen. Dabei fliegen einige von ihnen mit großem Tempo aus den Wellen heraus. Das sieht nach einem ganz anderen Spiel aus dort draußen…

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Axel W.

    Sehr schön den Kampf um Strom beschrieben – ich lese mit Begeisterung weiter.

  2. Melanie

    Ich bin mit dem Lesen etwas in Verzug geraten. Mehrere Berichte hintereinander zu lesen erzeugt eine riesen Spannung.
    Lieber Thomas, denke immer daran, nur mit diesen Ereignissen kann Dein Buch spannend werden. 🤗🤪
    Ernsthaft… ich wünsche Euch weiterhin eine Menge Kraft und das Glück, das Dich schon die gesamte Reise begleitet hat, soll wieder mit segeln. 🙏🙌

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