Stockrosen in Roscoff. Es gibt also doch noch andere Farben auf der Welt, als Blau und Grau.

Heute nur noch ein kurzer Abschlussbericht über unsere Ankunft in Frankreich.

Die Nacht verlief erstaunlich ruhig aber wir mussten in den ersten Stunden mit teilweise mehr als 2,5kn Gegenströmung klar kommen. Das ist etwas weniger als der Rhein zu bieten hat. Aber es sorgt für nur 3kn Geschwindigkeit in Richtung Ziel. Das macht aber auch nichts, weil wir ja ohnehin erst am Morgen in den Hafen geschleppt werden. Der Wind stellt sich in alter Stärke ein und mit vollen Segeln rauschen wir in der Vollmondnacht nach Osten. Zum ersten Mal überhaupt während der Fahrt von den Azoren hierher sehe ich den Mond. Und es gibt eine Menge mehr, als bloß Wasser zu sehen. Wir fahren parallel zur Küste und passieren mehrere Ortschaften und Leuchttürme. Das lässt die Nacht zum Tage werden und fordert erhöhte Aufmerksamkeit. Auch der küstennahe Schiffsverkehr nimmt zu. Einige Segler sehen wir jetzt. Die machen sich zu später Stunde auf den Weg, um günstige Winde und den mitlaufenden Strom zu nutzen. Immer wieder schauen wir auf die AIS-Anzeige auf dem Tablett, um erkennen zu können, wer genau wo und mit welcher Geschwindigkeit unterwegs ist. Zum Höhepunkt meiner Nachtwache gerät ein Regattafeld von Einhandseglern. Ich erkenne berühmte Namen wie „Guyader“. Es ist die Round Brittany-Regatta. Etwa 10 bis 15 Boote kommen mir zum Teil beängstigend nah. Ob die Segler gerade ausreichend Wache gehen, kann ich nicht genau sagen aber sie liegen alle auf dem vorfahrtberechtigten Bug und ich muss somit ausweichen. Am Ende gelingt das, auch wenn es bedeutet, dass ich etwas mehr vor den Wind gehen muss und die Segel für eine halbe Stunde wieder schlagen. Dann geht es bsser. Inzwischen hat auch der Strom gedreht und läuft kräftig mit uns. Teilweise erreichen wir mehr als 8,5kn Fahrt über Grund. 

Langsam wird es hell und Cam hat eigentlich Wache. Aber jetzt lässt der Strom nach und setzt kurze Zeit später schon wieder kräftig gegen uns. Der Wind bleibt uns diesmal aber treu und mühsam – mit nur noch etwa 2kn nähern wir uns der Untiefentonne, ab der wir nach Roscoff abbiegen können. Ich lasse Cam wieder ans Steuer und rufe über Funk die Marina an. Die Mitarbeiter sind schon im Büro und haben auf meinen Anruf gewartet. Zu dritt kommen sie in einem kräftigen Ribb angesaust und erkundigen sich nach unserem Befinden. Als ich sie sehe, wächst mein Befinden in die richtige Richtung. Ich glaube ich strahle nicht nur innerlich. Noch einmal heißt es aber abwarten. Direkt hinter uns kreuzt eine Fähre auf, der Hafen wird für die Schifffahrt gesperrt und wir müssen uns gedulden. Also eine Wende und Zeit schinden. Der Hafen signalisiert mit drei roten Lichtern übereinander, dass er gesperrt ist. Erst als der Englandfahrer mit dem Heck zur Pier angelegt hat, wird auf Grün geschaltet. Da kommen unsere Helfer auch wieder in unser Sichtfeld. Wir bergen die Segel und übergeben eine Leine. Dann geht es in langsamer Fahrt in den Hafen. So unkompliziert hatte ich mir das gar nicht vorgestellt. Freilich habe ich auch nichts dagegen, dass es so ist. Wir werden bis an den langen Besuchersteg kutschiert und sanft gegen den Ponton gedrückt. Leinen über und FEST.

Wir sind angekommen und ich bin super glücklich darüber. Es hat an den Nerven gezerrt und viel Kraft gekostet. Wir haben es geschafft. Und da gilt mein besonderer Danke den beiden Mitseglern Andrea und Cam. Wir haben als Crew oder besser noch als Team funktioniert und die Strapazen gemeistert. 

1336sm sind wir unterwegs gewesen und haben dafür exakt 

10 Tage

11 Stunden

12 Minuten

13 Sekunden 

gebraucht 🙂

Nach einer Ruhepause und dem Durchlüften von Petoya Too machen wir uns auf den Weg, um die Umgebung zu erkunden und vor allem beim Hafenmeister nachzufragen, ob es einen Mechaniker gibt. Ja, den gibt es und der kommt morgen Vormittag zu uns aufs Boot. Ich bin sehr gespannt und hoffe, dass wir dem Motor einen vernünftigen Neustart ermöglichen können. Aber jetzt heißt es abschalten und ein wenig genießen. Ein wirklich schöner Ort und viel Landschaft drumherum erwartet uns. Das Richtige, um herunter zu fahren und mit den Gedanken auf andere Dinge zu gelangen. 

Euer Daumendrücken hat geholfen. Ich habe es förmlich gespürt, wie ihr alle mit gefiebert habt. Noch einmal ein ganz dickes Dankeschön an Euch zu Hause vor den Bildschirmen und an den Weltempfängern 🙂

Noch ein kleines Bilderpotpourri der Reise von Ponta Delgada nach Roscoff und der Besichtigung der Umgebung…

Die Fotos sind von allen Crewmitgliedern gemacht worden. Vom Ausflug in die Umgebung gibt es dann im nächsten Blog mehr zu sehen…

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Barbara und j Peter

    Ihr Lieben,
    schön, daß Ihr jetzt angekommen seid und wieder an Land könnt. Hoffentlich klappts nach dem ganzen Geschüttle der letzten Tage noch mit dem Geradeausgehen. Wir wünschen Euch viel Erholung, kulinarische highlights und einen bald reparierten Motor und weiterhin gute Laune. Die Bilder zeigen es ja an. Sehr schön.

  2. Hans Dieter Clemens

    Hallo Thomas und Crew der Petoya Too, alle Ängste erst mal vorbei. Glückwunsch an Euch für die sichere Ankunft in Roscoff. Die Berichterstattung der letzten Tage hat uns hier doch manchmal den Atem verschlagen. Das du ein erfahrener Segler bist war uns bekannt. Das du jetzt noch einige Erfahrungen dazu gesammelt hast und dazu deiner HR 352 vertrauen kannst kann dich und deiner fantastischen Crew nur Stolz machen. Das durchschnittliche Tagesetmal von 130 sm kann sich doch auch sehen lassen. Und siehst du , ein Segelboot ist ein Boot MIT SEGEL.
    Wir hoffen , dass der Motor nur eine kleine Streicheleinheit eines erfahrenen Marinebootsschrauber braucht.
    Wir werden es hoffentlich so erfahren. Ruht euch aus und schöpft für die nächsten Tage erst mal wieder Kraft und Lust auf Grau und Blau. Die Stockrosen habt ihr ja auf dem Bildschirm.
    Vielen Dank für die Bilder die wir in den letzten Berichten vermisst haben.
    Grüße aus Brandenburg von Roswitha und Dieter

  3. Gaby Klasen

    Gottseidank. Obwohl; Sorgen habe ich mir nie gemacht. Ich glaube an dein Können.Und deine Crew war wohl die Weltbeste, vor allem wegen der guten Laune. Das ist die halbe Miete. Ich wünsche euch sehr, dass der Mechaniker den Motor ans Laufen kriegt. Dann habt ihrs leichter. Grüße an die beiden anderen Crewmitglieder. Großartige Leistung. Wir werden hier in Deutschland 3 Wochen deine Rückkehr feiern. 😎😂🍇🍷

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