Wir müssen dringend noch Wasser tanken und fahren zuerst zu dem ominösen Campingplatz, an dem wir tags zuvor noch von dem freundlichen Pickup-Fahrer abgesetzt wurden. Aber da gibt es naturgemäß nichts zu holen. Also geht es mit dem Dinghy wieder quer über die Bucht, zu der Stelle, an der wir beim ersten Mal so nass geworden sind. Diesmal geht alles gut. Wind und Wellen sind heute ruhiger und so gehen wir mit allen leeren Wasserkanistern und den drei 10-Liter Kanistern von Chris in Richtung der nicht sonderlich einladenden Toilettenanlage. Da finden wir zum Glück einen kleinen Bauernhof, an dem außen ein Wasserhahn mit Schlauch angebracht ist. Es ist keiner da, den wir fragen könnten, also drehen wir auf, lassen ein paar Liter durchlaufen und füllen dann unsere Kanister. Am Ende sind es etwa 70 Liter Wasser, die wir zum Boot bringen und das hilft sicher über die kommenden beiden Tage.
So geht es wenig später hinaus ins karibische Meer und da wir kaum Wind haben und dieser auch noch gegen uns weht, müssen wir unter Motor fahren. Torsten bereitet die Angel wieder vor. Heute schwimmen weniger Algen im Wasser. Das liegt vermutlich an der Windrichtung. Noch bevor wir das östliche Ende der Insel Vieques erreichen, zieht ein zunächst unbekanntes Wesen unsere Angelschnur von der Rolle. Torsten realisiert es als Erster und holt mit viel Kraftaufwand die Schnur gegen den Widerstand ein. Dann sehen wir ihn. Ein stattlicher Barracuda hat angebissen. Und das ist sehr ärgerlich, weil wir in Küstennähe unterwegs sind und in der Literatur davon abgeraten wird, ebendiese Fische zu verspeisen, obwohl sie sehr lecker sein sollen. Das Problem heißt Ciguatera. Viele kleinere Fische knabbern an den Korallen herum und nehmen dabei ein Toxin auf. Das habe ich an anderer Stelle schon beschrieben. Das Risiko, sich eine Lebensmittelvergiftung einzufangen, wollen wir nicht eingehen. Wir haben Glück, dass der Barracuda offensichtlich schon abgekämpft ist und sich nicht groß wehrt, als ich versuche, ihn vom Angelhaken zu befreien. Er wird den Biss auf den Haken bereuen aber wohl auch überleben.
Wir passieren das östliche Kap von Vieques und können dann sogar die Segel setzen. Zwar kommen wir nur mit 3 bis 4 Knoten vorwärts aber dafür ist der Motor aus und es ist ruhig an Bord. Nur eine halbe Stunde später zieht erneut jemand an der Rolle. Abermals kämpft Torsten mit dem großen Widerstand. Leider ist schon wieder ein Barracuda dran und zwar noch einmal größer, als der Erste. Außerdem ist der deutlich agiler, als der andere. Meine Vorstellung ist, dass er noch so viel Kraft hat, dass er auch in den Angriffsmodus umschalten kann. Und diese Zähne können sicher einigen Schaden anrichten. Der Metallhaken, mit dem ich den Fisch herausholen könnte, erscheint mir zu kurz und wir nehmen stattdessen den Bootshaken. Den fahre ich auf 2m aus und befreie den Barracuda von der Angel. So schade ist das. Ich hatte gehofft, dass ich den Grill, den ich doch schon seit den Niederlanden in der Backskiste mit mir herum führe, endlich zum Einsatz kommen lassen kann.
Mit 27 Seemeilen ist die heutige Etappe die längste unserer Tour. Dennoch kommen wir so zeitig in Culebrita an, dass wir in jedem Fall noch schnorcheln gehen können. Wir fahren in die Turtle Bay im Norden der Insel. Sie liegt wie ein nach oben offenes Hufeisen und man ist einigermaßen geschützt vor dem langgezogenen Atlantikschwell, der von Nordosten permanent für Bewegung sorgt. Wir finden einen Ankerplatz in 4m Wassertiefe. Über die Farben hier habe ich schon oft genug geschrieben, die schaut man sich auch besser auf den Fotos an.
Im letzten Tageslicht fahren wir noch mit dem Dinghy zum Ufer. In dieser Bucht gibt es keinen Internetempfang und so machen wir uns auf den kurzen Gang zur anderen Seite, wo wir vor ein paar Tagen schon waren. Auf dem Weg dorthin begegnen wir roten Krabben in allen Größen. Die Schneckenhäuser haben sie scheinbar aus dem Meer gefischt und schützen sich auf diese Weise vor den Räubern aus der Luft.
Ein schöner Tag neigt sich dem Ende. Wir haben einiges erlebt und wieder viele Eindrücke vom Leben am und im Wasser sammeln können. Morgen geht es weiter zur kleinen Insel Palominos. Die ist schon ziemlich nah dran an Puerto Rico und bei den Windprognosen dürfen wir mit einem schönen Segeltag rechnen. Wir wollen uns mit Stacie, Jim und Marlene treffen, die vom Festland (Puerto Rico) nur etwa eine halbe Stunde brauchen, bis sie hier sind. Wir freuen uns sehr auf ein Wiedersehen mit den Dreien.
Schildkröten – Flossen – Gruß zurück… was für ein tolles Foto…
Und lasst den Barracuda mal jemand anderem die Hand abbeißen, wenn er sowieso nicht zum Essen geeignet ist!
Morgen gibt’s schon wieder ein Wiedersehen mit „alten“ neuen Freunden auf dieser Reise, echt schön, solche Begegnungen sind das Salz in der Suppe, die kann man für kein Geld der Welt kaufen!
Für welchen Teil des Umrunden Schottlands haben sich Melli und Torsten denn entschieden? Liebe Grüße an die beiden, die haben ja auch das „Traveller-Gen“ in sich, dann klappt’s auch mit dem Wetter und allem anderen… vielleicht könntet Ihr auch Nessie mit der „Entweder“ Dose aus ihrem Loch herauslocken… und wehe, da hat keiner ’ne funktionstüchtige Kamera dabei.
Euch dreien und den anderen dreien morgen einen tollen Tag mit unvergesslichen Erinnerungen!