In der vergangenen Nacht haben wir drei endlich mal ein wenig Schlaf bekommen. Das war auch überfällig. Nach wie vor sind die Bewegungen des Schiffes wie Bocksprünge mit Viertel-Pirouetten, wilde Maus und Achterbahn fahren vergleichbar.
Beim Flanieren über das Vordeck mache ich reiche Beute. Ganze 4 fliegende Fische haben sich todesmutig aus den Tiefen des Atlantiks in die Luft katapultiert und sind unsanft auf Petoya gelandet, was angesichts des Mutes für die armen Kreaturen auch zu ihrem Tod führte.
Wir diskutieren am Abend darüber, wie uns diese Reise bisher gefällt, was gut oder schlecht ist.
Richtig gut ist, dass wir 3 uns vertrauen und uns super verstehen. Es gibt kein böses Wort oder unterschwelligen Ärger. Es ist auch wichtig darüber zu sprechen, wenn uns etwas auf der Seele brennt. Weitere Aspekte, die hier draußen, die ungewohnt sind und sie zu erfahren, zu erleben sind nicht verkehrt. Wir befinden uns in freier Wildbahn mitten in der Natur, weit ab der Zivilisation. Hier sinnieren wir über die Welt und das Leben, die Einzigartigkeit der Erde und was die Menschheit daraus macht. Der Blick ist ähnlich dem von Astronauten, die hinunter schauen auf den Planeten. Es geht auch um Grenzerfahrung die wir machen. Wir müssen uns ein wenig der Urinstinkte bedienen, fangen Fische, produzieren trinkbares Wasser und freuen uns dass wir das hinbekommen.
Aber es gibt natürlich auch „Längen“. Ich meine damit, dass das Leben auf dem Ozean nicht das Non-Plus-Ultra ist. Diese ständigen Bewegungen – darin sind wir uns einig – können auf Dauer keinem gefallen. Wir sehnen uns danach, in einem Bett zu schlafen, in dem man bei dem Versuch zu schlafen nicht mehr Kalorien verbraucht als wenn wir tagsüber in Aktion sind. Nach 11 Tagen Dauerschaukeln im uns umgebenden Atlantik würden wir nicht nein sagen, wenn wir morgen schon Land in Sicht hätten und etwas anderes sehen könnten als Wasser. Zugegeben ist die Farbe von einem unfassbar tiefen Blau.
So, genug des Philosophierens. Die Tage sind zuletzt sehr wolkenreich und immer wieder gibt es kräftige Regenschauer, die sich aus sogenannten Squalls entwickeln. Das sind dunkle Wolkenungetüme, die aus Osten über uns hinweg fegen. Sie bringen neben Regen auch eine Schippe mehr Wind mit sich und sind unter Seglern gefürchtet. Manch ein Segel wurde in solchen Squalls schon zerfetzt. Wenn es regnet, haben wir die Wahl, uns das Ölzeug anzuziehen, was auf die Dauer zu warm ist oder aber in Badehose auszuharren bis der Guss vorbei ist. Das ist auf die Dauer zwar zu kühl, führt aber zu seidenweichem Haar und glatter Haut. Dritte Variante ist: unter Deck abwarten bis es vorbei ist. Noch ist der Passat sehr ausgeprägt. Wir haben dauerhaft zwischen 4 und 6 Bft. aus östlichen Richtungen. Aber die Prognosen sind leider schlecht für Freunde des schnellen Ankommens. Ein ausgeprägtes Flautenloch liegt genau zwischen uns und dem Ziel Saint Lucia. Das Blöde dabei ist, dass es scheinbar auch
sehr hartnäckig sein wird. Es zu umfahren kommt für uns nicht in Frage. Da müssten wir uns doch sehr weit in Richtung Äquator begeben (ca.10°N) um wieder Wind zu finden. Vielleicht hat ja eine(r) von Euch eine Idee, wie wir am schnellsten da durch kommen. Natürlich haben wir einen Spinnaker aber auch der braucht einen Hauch Wind um Vortrieb zu erzeugen. Ihr seht, es wird ein wenig tricky, dieses Gebiet zu durchfahren. Schaut gerne mal auf die „Windy“-App und macht Euch ein Bild davon, wie es zwischen Kapverden und Antillen ausschaut. Vermutlich müssen wir unsere Ankunftszeit nach hinten schieben, wo wir doch zu gerne Land in Sicht hätten. Drückt uns die Daumen, dass wir auch in den kommenden Tagen genug Wind haben werden. Es gibt kaum etwas schlimmeres beim Segeln als eine Flaute in hohem Schwell mitten auf dem Atlantik.
Dann doch lieber unbequem schlafen.
Bei den philosophierenden Astronauten muss ich immer an Wilhem Busch denken: Wenn einer, der mit Mühe kaum geklettert ist auf einen Baum, gar meint, dass er ein Vogel wär, so irrt sich der.
Ich drücke die Daumen für den optimalen Wind!
Liebe Grüße
Lieber Thomas, ich erinnere mich noch an unser Gespräch über die Herausforderung viel Zeit in einem setting, in dem man aufeinder angewiesen ist und sich nicht aus dem Weg gehen kann, mit anderen Menschen zu verbringen. Dabei hatte ich eine Belastung wie Schlafdefizit noch nicht mal auf dem Schirm……