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Basilique Saint-Trinité in Cherbourg. Mit viel Aufwand wurden diese Fenster gebaut.

Donnerstag, 06.07.2023

Wer es gewohnt ist, in seinem eigenen, unbewegten Bett zu schlafen, kann sich vermutlich nicht vorstellen, was es für ein Gefühl ist, nach einem solchen Törn, mit so vielen bewegten Momenten und Unbequemlichkeiten endlich einmal ausschlafen zu können. Der Yachthafen in Cherbourg ist riesig groß, dafür aber auch erstaunlich ruhig, zumindest bei Nacht. Erst gegen 10 kommt langsam Bewegung ins Boot. Mein erster Gang führt mich ins Büro der Marina. Dort werde ich von sehr freundlichen Mitarbeiterinnen in Empfang genommen. Eine hatte sogar einmal Deutsch studiert und es macht ihr sichtlich Spaß, sich in dieser Sprache mit mir zu unterhalten. Ich stelle Ihr die Situation um Petoya Too in kurzen Worten dar und hoffe darauf, doch noch einen Liegeplatz für einen Zeitraum von drei Wochen zu bekommen. Als ich von Roscoff aus hier angerufen hatte, wurde mir gesagt, dass ich nur ein paar Tage bleiben könne. Der Hafen sei voll belegt, bzw. er wird bald überfüllt sein. Am Ende der kommenden Woche werden viele Boote erwartet, die an einer der berühmtesten Regatten der Welt, dem „Fastnet Race“ teilnehmen werden. Das startet zwar von Southampton im Solent aber der Zielhafen heißt Cherbourg. Von daher herrscht hier für mehr als zwei Wochen der Ausnahmezustand. Alle Liegeplatzinhaber hier im Hafen sind angehalten, diesen möglichst zu verlassen und Platz für ca. 450 Teilnehmer an der Regatta zu lassen. 

Das ist zunächst keine gute Voraussetzung für den Verbleib von Petoya aber als ich von den Motorproblemen berichte, wir fieberhaft nach einer Lösung gesucht. Und zu meinem Glück gibt es einen Platz in einem anderen Teil des Yachthafens. Dort ist bis Mitte August ein Liegeplatz frei, weil die Eigentümer eine Tour machen. Mir fällt zum wiederholten Mal auf dieser Reise ein Stein vom Herzen. Die nette Dame an der Rezeption fragt mich, ob ich „TO“-Mitglied bin. Ja, das bin ich zufälligerweise. Der Verein „Trans Ocean“ ist eine Vereinigung von Seglern, die weltweit auf Tour sind. Es gibt auf der ganzen Welt Stützpunkte mit Vereinsmitgliedern, die im Falle eines Falles mit Rat und Tat zur Seite stehen, wenn es Probleme oder Fragen gibt. Und wegen meiner Mitgliedschaft bekomme ich satte 20% Nachlass auf die Liegeplatzgebühren. So zahle ich nur noch 22.-€ pro Nacht. Was die Psychologie so mit einem anstellt, ist erstaunlich. Mit einem Glücksgefühl verlasse ich das Hafenbüro und marschiere zurück zum Boot, um die freudige Botschaft zu verkünden.

Wir fangen wieder an, das Boot zu reinigen und für den langen Aufenthalt vorzubereiten. Alles was schnell abmontiert werden könnte, wandert unter Deck. Das Ruder und die Fahne der Hydrovane, die Rettungsinsel, die Markierungsboje u.v.m. 

Mein neuer Plan sieht vor, dass ich jetzt noch einmal nach Hause fahre und in einer Woche mit Sarah und ihrer Freundin Sonja nach Schottland reise. Das sollte ja ursprünglich eines der Highlights der Reise sein und ich möchte das auf diese Weise doch noch möglich machen. Sarah und Sonja haben schon eine Reiseroute ausgearbeitet. Sie hatten sich ebenso wie ich sehr auf den Törn gefreut und wollten auch unbedingt nach Schottland fahren. Ich finde, dass es eine tolle Lösung ist, die Reise nun über den Landweg zu machen.

Ende des Monats komme ich zusammen mit meinem Bruder – Markus – wieder nach Cherbourg und wir wollen dann den Rest des Weges nach NL gemeinsam bewältigen. 

Saint-Pierre Trinité von außen.

Während Cam auf dem Boot chillen möchte, gehen Andrea und ich in die Stadt um noch Einkäufe zu erledigen. Eigentlich wollen wir ein Restaurant für heute Abend finden. Aber das ist alles relativ teuer hier und wir haben auf dem Boot noch einige Reste zu verarbeiten. Also schlendern wir zunächst an einer Statue von Napoleon Bonaparte vorbei. Dem Mann, der uns deutschen das Steuerwesen und das Kataster gebracht hat. Also ist er am Ende der Ideengeber für den Job, den ich beim Kreis Mettmann ausübe. Ich verbeuge mich vor ihm und bedanke mich dafür.

Der kleine Mann auf dem hohen Ross ist Napoleon.

Freitag, 07.07.2023

Für heute haben wir uns eine Radtour vorgenommen. An der Rezeption können wir E-Bikes für 20.-€ ausleihen. Vorher müssen wir aber das Boot noch auf den neuen Liegeplatz verholen. Der Motor springt an aber wieder wird Diesel an der Schraube heraus gesprotzt, die schon zuvor ein Sorgenkind war. Ich stelle den Motor wieder ab, löse die Schraube und sehe, dass die dünne Papierdichtung einen Riss hat. Zum Glück habe ich einen riesigen Vorrat an Dichtungen aller Art in der Backskiste und finde schnell einen passenden Ersatz. Diesmal ist die Schraube endlich dicht und wir können die etwa 100m problemlos zurücklegen. 

Mit den Rädern fahren wir zu einem Schlosspark am Rand von Cherbourg. Cam hat eine ganz eigene Art, mit dem Fahrrad zu fahren. Oft auf der falschen Seite (vermutlich weil in Südafrika Linksverkehr ist) und dann mal auf dem Gepäckträger sitzend und mit wilden Schlenkern die gesamte Breite der Radwege ausnutzend. Es ist seit Tagen endlich heute mal richtig warm. Der Wind hat nachgelassen und auf Süd gedreht. 

Am Zielort Ravalet gibt es dieses Bushaltestellenschild.
Ein sehr gepflegter Schlosspark und auch das Chateau ist in guten Zustand. Und all das ohne Eintrittsgebühr.
Das Tropenhaus.
Cam auf der Schaukel.
Prinz Cam und Prinzessin Andrea
Vom Fort hat man einen tollen Ausblicj auf die Stadt und den englischen Kanal

Wie es sich für eine Mini-Tour-de-France gehört, bleibt uns eine Bergankunft nicht erspart. Mit den E-Bikes zum Glück kein großes Ding gelangen wir an der früheren Militärbasis oberhalb der Stadt an. Hier gibt es ein Museum, das den zweiten Weltkrieg thematisiert. Wen wundert es, wurde doch hier in der Normandie unter großem Verlust an Menschenleben die Invasion der Alliierten Truppen gestartet, an deren Ende auch das Ende des Krieges stand. 

Es geht zurück in die Stadt und noch kurz in den Carrefour. Für das letzte Frühstück an Bord fehlt noch Müsli. Wobei wir uns für den Einkauf, den wir auf den Azoren getätigt haben auch mal auf die Schulter klopfen können. Fast alle Vorräte sind aufgebraucht. Das ist normalerweise eher selten der Fall. Oft bleibt nach einem Törn viel zu viel übrig und muss entsorgt oder mitgenommen werden. 

Am Abend gehen wir – obwohl schon ziemlich kaputt vom Tag – noch auf das Festivalgelände. Dafür müssen wir quasi einmal quer durch die Stadt laufen. In einem großen Areal stehen Fressbuden, Bierstände und eben die Bühne für junge Nachwuchskünstler. Die haben zum Teil richtig was drauf und rocken die anwesenden Zuhörer. Es geht sehr entspannt zu und hat schon fast etwas familiäres. Wir genießen den letzten Abend in Cherbourg.

Samstag, 08.07.2023

Der Abschied naht. Nach einem guten Frühstück werden die Sachen zusammen gepackt und wir bestellen ein Taxi zum Bahnhof. Ich habe vorgestern noch die Heimfahrt nach Düsseldorf organisiert. Dabei geht es zunächst mit dem Zug von Cherbourg nach Caen. Und von dort dann 4 Stunden später mit dem Flixbus nach Paris. Heute Abend dann der Nachtbus von dort nach Düsseldorf. 

Cam begleitet Andrea und mich zum Bahnhof und dann verabschieden wir uns voneinander. Ich habe ihn ins Herz geschlossen. Er hat den Törn mit seiner erfrischenden Art und seiner Unbekümmertheit sehr bereichert. Ich hoffe, wir sehen uns irgendwann einmal wieder. Vielleicht kommst Du nach Deutschland oder ich komme Dich in Südafrika besuchen.

Alles Gute Cam!!!

Cam und Andrea verabschieden sich auf dem Bahnsteig voneinander.

In Caen angekommen finden wir zum Glück einen Store, in dem wir unser Gepäck für ein paar Stunden lagern können. Das gibt uns die Möglichkeit, den Ort zu erkunden. Allerdings ist das Wetter nicht so gut. Es sieht nach Regen und Gewitter aus. Trotzdem schlendern wir durch die Stadt, besichtigen zwei Kirchen und die alte Festungsanlage. In einem kleinen, urigen Teil der Altstadt noch einen Kaffee und dann geht es auf zum nächsten Abendteuer: Die Fahrt mit dem Flixbus.

Hier liegt keine Verzerrung im Bild vor. Das Portal ist wirklich schief gemauert.
Bei dieser Kathedrale ist es genau umgekehrt. Sie ist so groß, dass ich den Weitwinkel bemühen musste.
St. Peters Kirche.
Blick auf Caen.
Im Hintergrund braut sich etwas zusammen.
Diestel-Blüte mitten in der Stadt.
Das Transportmittel der Wahl. Sieht nicht mehr ganz frisch aus.

Die beiden Fahrten mit dem Bus verlaufen zwar insgesamt sehr sicher. Die Fahrer sind gut und kompetent. Nur die Busse sind zum Teil in einem bedenklichen Zustand. Die Reifen sind so abgefahren, dass sie in der Formel 1 als Slicks durchgehen können. Es ist stickig und relativ eng im Bus. Kein Vergleich mit einer Bahnreise. Aber dafür gab es den Bus zu einem sehr günstigen Preis. Wir kommen fast pünktlich in Paris an und haben auch dort noch Zeit, ein wenig an der Seine zu verweilen und bei sommerlichen 33° zu relaxen. Dann geht es vom Busterminal aus weiter in Richtung Heimat. Dieses Terminal hat es in sich. Eine riesengroße Halle, in die permanent Busse einfahren. Aus aller Welt wie es scheint kommen sie hierher. es sind knapp 100 Bussteige hier und es herrscht ein unfassbares Gewusel. Wir sind froh irgendwann den richtigen Bus gefunden zu haben und dann auf die lange Reise durch die Nacht gen Heimat zu fahren.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Barbara u. Peter

    Hi Thomas,
    wir hoffen, Ihr seid inzwischen gut angekommen in der Heimat und Cam ebenfalls an seinem Wunschort,
    wo immer der auch ist. Er ist uns ja auch inzwischen ans Herz gewachsen. Genießt das Zuhausesein und freue Dich schon auf die weitere Reise auf dem Landweg. Und für Andrea war es sicherlich auch eine erlebnisreiche Reise mit gutem Ausgang. Bis denne.

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