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Damit sollte ich fürs erste über die Runden kommen

Den Dienstag Vormittag verbringen ich mit diversen kleinen Erledigungen und ersten Reparaturen. Nachdem ich gestern vom Segelmacher eine zwar etwas zu schmale Stabilisierungslatte für mein Großsegel bekam, habe ich diese jetzt auf die richtige Länge gekürzt und damit das Segel wieder vervollständigt. Leider muss ich am Mittag den ruhigen Liegeplatz im Hafen verlassen und an eine Mooringboje auf der anderen Seite des Fahrwassers fahren. Das Bojenfeld ist groß und es gibt eine große Auswahl an Tonnen, an denen ich festmachen kann. Allerdings bläst hier im Moment ein unangenehm starker Wind und damit gibt es auch leicht bewegtes Wasser.  Ich schaffe es noch, meine Wäsche zu waschen und lege dann ab. 

So sieht es aus, wenn man weiter draußen an einer Boje festmachen muss
Ich lasse das Dinghy zu Wasser und fahre nochmals zum Hafen. Es fehlt noch eine Flagge und der Benzinkanister muss wieder aufgefüllt werden. Das nächste mal kann ich wohl erst in St. Martin wieder tanken.
Direkt neben der Hafeneinfahrt gibt es einen Ministrand. Das könnte so auch im Sommer am Rhein fotografiert worden sein
An der Tankstelle sehen die Planken reichlich angefressen aus. Das könnte der berühmte Bohrwurm sein, der durch den Schiffsverkehr auch nach Europa gelangt ist und dort keine natürlichen Feinde hat.
Am Morgen verlässt einer der allgegenwärtigen Kreuzfahrer den Hafen von Guadeloupe

Nochmal geht es mit dem Beiboot hinüber zur Capitanerie. Die Liegegebühr für die Mooring beträgt 12.-€ und ich muss den Key abgeben, für den ich 50.-€ Pfand wieder bekomme. 

 

Solosailing

Jetzt heißt es für mich wieder einmal alles alleine machen zu müssen. Das kostet mich eine menge Energie. Da merke ich auch, dass mir ein wenig Kondition abhanden gekommen ist, in der vergangenen Woche. Das Dinghy ziehe ich an Deck und lasche es auf dem Vorschiff fest. Vorher noch den Motor an das Brett am Heckkorb montieren. Die Windfahne anbringen und das Ruderblatt montieren. Alle Fender verstauen, das Großsegel setzen, den Motor starten, die beiden Mooringleinen lösen und dann den Wegpunkten folgen, die ich vorher auf der Navigationssoftware auf dem Tablet festgelegt hatte. Eine gute Konzentrationsübung ist das und der sportliche Aspekt kommt auch nicht zu kurz. Schließlich will das Vorsegel noch gesetzt, die Windfahne eingestellt und der Motor wieder abgestellt werden.

Der Kurs führt mich heute um Basse-Terre herum zunächst in Richtung Süd bis Süd-West. Wind und Welle sind moderat, nehmen aber im laufe des Tages zu. Ich komme gut voran, mache ein Video vom Schmetterlingsegeln (siehe Instagram) und bin guter Dinge, als mich plötzlich ein Geräusch aufschrecken lässt. Ich habe das schon einmal gehört und fühlte mich sofort an die Biscaya erinnert. Ich habe mir wieder ein Fischernetz gefangen. Wieder sind es 5 bis 6 Beaufort und wieder ist die Fahrt aus dem Schiff. Ich berge das Vorsegel, um den Druck etwas zu vermindern. Wer weiß, was das für ein großes Netz ist. Ich sehe von der Badeplattform aus, dass sich eine kleine Boje am Hauptruder eingeklemmt und die Leine komplett drum herum gewickelt hat. Das andere Ende der Leine ist total auf Spannung und verliert sich nach hinten irgendwo in den Tiefen des Ozeans. Der Trick mit dem Motor, den ich auf der Biscaya zu Hilfe genommen hatte – damals war ich kurz rückwärts gefahren und das Netz ist dann abgefallen – funktioniert hier und heute nicht. verzweifelt versuche ich immer wieder mit dem Bootshaken die Leine herunter zu drücken. Dabei liege ich auf der kleinen Badeplattform und bin in nullkommanichts klatsch nass. Langsam wird es brenzlig. Ich bin nicht weit weg von der Felsenküste und wenn ich Pech habe, dann treibe ich dort hin. Ich überlege, Hilfe zu holen und über Funk einen Pan Pan – Ruf abzusetzen. Da kommt mir eine letzte Idee. Ich befestige mein Taschenmesser mit Tape am Bootshaken und versuche die Leine zu durchtrennen. Es dauert quälend lange Minuten. Das Messer klappt ein, im nächsten Versuch verliere ich den Bootshaken und bekomme ihn im letzten Moment doch wieder zu fassen, dann schiebt sich die Teleskopstange des Bootshakens bei dem Druck, den ich erzeuge zusammen. Am Ende aber gibt es einen Ruck. Ich habe es geschafft, das Boot – obwohl die Segel geborgen sind – nimmt wieder Fahrt auf. Ich bin erleichtert und runde die Südspitze von Guadeloupe. Dort nehmen die Wellen ab und es kehrt ein wenig Ruhe ein.

Kurz bevor das Malheur passiert mache ich noch ein paar Fotos. Die Bojen sind in den Wellen nicht zu erkennen
Hiermit gelingt mir am Ende die Befreiung vom Fischernetz
Die Dörfer an der Küste sind zumeist von Einheimischen bewohnt. In Europa wäre eine solche Lage am Wasser nicht bezahlbar
Ein ´Segler´ kommt mir entgegen

Fast 40 Seemeilen habe ich heute hinter mich gebracht. Als ich mich dem Ankerplatz an der „Custeau-Basis“ nähere, bereite ich den Anker vor. Das Schaltpaneel wird im Ankerkasten montiert und ich mache einen Funktionstest. Aber es bewegt sich nichts. Haben wir etwas übersehen, als wir uns um den Fernschalter im Cockpit gekümmert hatten? Ich laufe mehrfach auf dem Deck von hinten nach vorne und retour. Aber nichts tut sich. also muss ich den Anker heute per Hand ausbringen. Nochmals eine sportliche Übung zum Abschluss des Segeltages. Trotz des vielen Windes, der hier von den Bergen herunter fällt, gelingt das Manöver auf Anhieb. Mir graut es nun davor, ihn morgen wieder per Hand hoch zu holen. Vielleicht finde ich ja den Fehler morgen Vormittag. Das wäre sehr vorteilhaft, weil ich in den kommenden Tagen meistens ankern muss. Nach wie vor habe ich den Eindruck, als lasse ich nichts von dem aus, was schief gehen kann. Ich kann nach wie vor nicht behaupten, dass ich das als Sport ansehe. Ich wünsche mir mal einen Tag, an dem alles einfach nur glatt geht. Das ist bisher zu oft zu kurz gekommen.

Mein Ankerplatz in malerischer Kulisse bei Sonnenuntergang

Morgen Vormittag muss ich mich also um die Elektrik für die Ankerwinde kümmern und dann würde ich gerne ein wenig schnorcheln gehen. Ach so, natürlich muss ich auch noch einen Blick unters Boot werfen um zu sehen ob auch alles in Ordnung ist am Hauptruder. 

Dann geht es weiter nach Deshaies. Eine Bucht im Nordwesten von Guadeloupe. Dort treffe ich mich mit dem Seglerpaar, von dem ich seit geraumer Zeit mit guten Tipps versorgt werde. Darauf freue ich mich schon. Da bin ich ein wenig in Gesellschaft.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Hans Dieter Clemens

    Hallo Thomas, da kann man einem Segler noch soviel Wasser unterm Kiel wünschen wenn man in so einem schlecht gesicherten Fischernetz gerät hat man schlechte Karten. Zumal du ja allein an Bord bist. Gut das du nicht unter Motor unterwegs warst. Also nicht mehr allzeit handbreit Wasser unterm Kiel, sondern eine halbe SM von den Fischernetzen. Wie säht de Kölner „Et is noch immer joot gejange“ lach. hier ist Karneval.
    Grüße Roswitha und Dieter

  2. Axel W.

    Da fängt der Bericht doch erstmal so schön an – nun kann das Karibikfeeling endlich Fahrt aufnehmen und dann so eine abrupte Bremse und wieder eine nicht ganz ungefährliche Situation. Aber mit Bravur gemeistert. Trotzdem weiterhin eine schöne Zeit in der Karibik.

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