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Ein formvollendeter Zweimaster am Eingang zur Deshaies-Bucht

Mein morgendlicher Schnorchelgang sorgt für Erleichterung. Es scheint alles in Ordnung zu sein, mit dem Ruderblatt und der Aufhängung. Nur ein paar Schleif und Kratzspuren sind erkennbar. In bewährter Manier nutze ich den Bootshaken nun auch zum „Fernschrubben“ des Propellers. Dieser ist mit Algen und Muscheln bewachsen. Zwar hatte ich mit wesentlich mehr Bewuchs gerechnet aber auch das bisschen reicht schon aus, um die Leistung des Props zu mindern, Ich bräuchte eine Drahtbürste, um die Muscheln weg zu bekommen, gebe mich also mit einer groben Reinigung zufrieden. Mit der Ankerwinde bin ich nicht weiter gekommen. Sowohl am Fernschalter als auch vorne an dem Bedienteil im Ankerkasten kommt Strom an. Jetzt kann es noch am Relais liegen (das ist allerdings neu) oder der Motor der Winsch ist defekt. Ich bleibe dran aber solange ich kein Ergebnis erziele, muss ich den Anker per Hand aufholen und fallen lassen. Das geht auch erstaunlich gut. nur das letzte Stück ist etwas schwieriger. Wenn der Anker keinen Halt mehr am Grund hat, muss ich schneller an der Kette ziehen. In diesem Moment ist das Boot manövrierunfähig, weil ich ja nicht gleichzeitig am Steuer und vorne am Ankerkasten sein kann. Die  Nacht hier war jedenfalls sehr ruhig und ich konnte gut schlafen, was in den kommenden beiden Nächten nicht der Fall sein wird.

Auf einen Schnorchelgang an der Custeau-Basis verzichte ich. Zum einen zieht es ja wieder im Nacken und zum anderen möchte ich gerne zeitig in der Deshaies-Bucht sein, um dort einen vernünftigen Ankerplatz zu ergattern.

Ich finde einen Platz direkt neben einer baugleichen HR 352 aus der Schweiz.

Es ist bei dem vorherrschenden kräftigen Wind gar nicht so leicht, ein gutes Ankermanöver hinzubekommen. Wichtig dabei ist ja, dass man durch die Bootsbewegungen weder das eigene noch andere Schiffe beschädigt. Auf den richtigen Abstand kommt es an. Und natürlich darauf, dass der Anker sich gut eingräbt und genug Kette gegeben wird. Mein Schweizer Nachbar kommt herüber gefahren und würde sich wünschen, dass ich ein wenig weiter weg von ihm bleibe. Ich schätze allerdings das Risiko nicht so hoch ein und schalte zur Sicherheit den Ankeralarm ein. Der soll per GPS ermitteln, ob ich mich zu weit von der Ankerposition entferne oder nicht.

Der Ort im Nordwesten von Guadeloupe gefällt mir gut. Hier streife ich ein wenig durch die Gegend und schieße ein paar Fotos
Leider ein Bild, das mir jetzt schon an ganz vielen Stellen in der Karibik aufgefallen ist. Ein Wrack liegt kurz vor dem Strand
Restaurants mit Blick auf die Bucht
Der Ort hat Flair
Beste Wohnlage

Das obligatorische Ausklarieren kann ich in einem Souvenirladen erledigen. Die haben einen PC hier stehen und man gibt wie immer alle Personen- und Schiffsdaten zu Protokoll. Das wird dann auf ein DIN A4 Blatt gedruckt, unterschrieben und für eine Gebühr von 5.-€ ist alles erledigt.

An der Hauptstraße bemerke ich ein kleines Holzhaus mit Flügeltür. Diese steht offen und in dem Raum befindet sich ein Sarg mit Glasdeckel. Der Tote ist aufgebahrt und einige Trauergäste haben sich schon eingefunden. Später kommt eine Musikgruppe und ein größerer Trauermarsch setzt sich in Bewegung. Das ganze Szenario erinnert mich an einen Film aus New Orleans, da habe ich das schon einmal so gesehen, wie jetzt hier. Es ist keine traurige Musik die gespielt wird, sondern eher beschwingt und auch die Trauernden sind nicht in Tränen zerflossen. Vielmehr herrscht der Glaube vor, dass es den Toten, da wo sie jetzt sind besser gehen wird, als zu Lebzeiten. So sind auch auf dem Ortsfriedhof nicht einfach nur Grabsteine zu finden, sondern für jeden Verstorbenen gibt es ein kleines Mausoleum.

Die Kirche ist für die Trauermesse sehr schön geschmückt
Der Blick vom Ort aus auf die Ankerbucht mit untergehender Sonne

Am Abend treffe ich nun endlich Sabine und Burkhard aus Dortmund. Die beiden fahren mit ihrer Bavaria 36 seit 20 Jahren über alle Meere. Im Coronajahr 2020 haben sie den Atlantik überquert und seit dem zieht es sie immer wieder in der Hauptsaison hierher, um dem Winter in Europa zu entfliehen. Wir verbringen einen sehr schönen Abend in einem der Restaurants mit Blick aufs Meer und versorgen uns gegenseitig mit vielen nützlichen Informationen – was vor allem eine Einbahnstraße ist. Danke Euch beiden für die wertvollen Tipps und das Buch über die BVI´s, das ihr mir leihweise zur Verfügung stellt.

Montserrat ruft

Irgendwie ist ständig der Ankeralarm losgegangen heute Nacht. Aber jedes Mal wenn ich dann den Blick nach draußen geworfen habe, war die Position des Bootes unverändert. Das liegt sich an der schlechten GPS-Qualität auf dem Handy. Die Genauigkeiten liegen bei 5 bis 120 Metern und geben so natürlich kein verlässliches Ergebnis ab. Um kurz nach 5 stehe ich schließlich auf und mache das Boot klar zum Auslaufen. Ich will deshalb so früh los, weil die Wetterapp ´Windy´ für den Vormittag noch einigermaßen moderate Windstärken vorher sagt. Ab 12 Uhr soll es dann bis zu 8 Bft. geben. Das möchte ich auf der Passage zwischen den Inseln nicht haben. Das Großsegel verkleinere ich auf Handtuchgröße ins dritte Reff und auch das Vorsegel kommt heute nicht komplett zum Vorschein. Allerdings kommen die Wellen auch schon bevor der kräftige Wind einsetzt, unangenehm von der Seite. Das ist ein Dauergeschaukel, dass nur schwer zu ertragen ist.

Sonnenaufgang über Guadeloupe
Einer von mehreren Squalls, die heute über mich herziehen und neben viel Regen auch viel Wind im Gepäck haben
In Böen geht es auch über die 40 Knoten-Marke

Noch bevor der Wind dauerhaft auf 8 Bft. zunimmt, erreiche ich wie erhofft die Abdeckung der Insel Montserrat. Allerdings kommt der Wind auch im Schatten der Berge ungebremst bei mir an. 

Montserrat hat in seiner jüngeren Geschichte einen schweren Vulkanausbruch zu verkraften gehabt. 1995 ist Lava aus dem Kegel Soufrier geflossen und dann gab es in den Folgejahren neben weiteren Lavaströmen – die unter anderem den Hauptort zerstört haben – auch die Sprengung der Bergkuppe. Meterdick fiel die Asche anschließend auf die umgebende Erde und bedeckte in weitem Umkreis Häuser Straßen und Plantagen. Es kam zur Inselflucht. Von ursprünglich 11000 Einwohnern sind nur noch ein drittel auf der Insel geblieben. Der Bereich um den Vulkan ist bis heute nicht bewohnbar und dieser sondert nach wie vor stinkende Schwefelgase ab

Der Vulkan ist weiterhin aktiv und sondert Gase ab, die mit dem Wind bis zu mir aufs Wasser getragen werden. Das stinkt furchtbar nach Schwefel

Wenig später komme ich in der Little Bay an und schaffe es erst im zweiten Versuch, den Anker so zu platzieren, dass ich niemanden sonst behindere. Aber es sind ohnehin nur nur drei weitere Boote hier. Im Revierführer  und bei den Kommentaren auf der Navigationssoftware wird von heftigem Rollen bei Wind von mehr als 25 Knoten aus Nordost gesprochen. Und was soll ich sagen, die Kommentatoren haben die Wahrheit gesprochen. Das Geschaukel ist schlimmer noch als das Segeln eben bei 8 Bft. Es wird die zweite unruhige Nacht hintereinander werden. Dazu gibt es weiterhin alle halbe Stunde einen Regenguss. Das also ist die berühmte Karibik…

Offene Ankerbucht mit Regen und viel Schwell (Wellen)

Morgen geht es weiter nach St. Kitts and Nevis. Ich hoffe inständig, dort mal wieder Schlaf zu finden…

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Axel W.

    Also nach Karibik liest sich das wirklich nicht! Spielt da der Klimawandel schon mit? Durchhalten und weitersegeln – wird schon noch werden!

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