• Beitrags-Kategorie:ARC / Segeletappen

Bei meinen ersten beiden ARC-Teilnahmen war ich um diese Zeit bereits im Ziel in Saint Lucia. Davon können wir im hier und jetzt nur träumen. Gerade zum Ende der Tour – also weit im Westen – sollte der Passatwind jetzt stetig und mit gutem Schub daher kommen. Das tut er aber ganz und gar nicht. Seit Tagen haben wir keinen Wind mehr mit Ost-Komponente gehabt. Und auch heute müssen wir hoch an den Wind und mitten auf dem Atlantik gegenan kreuzen. Das macht die Strecke zum Ziel noch einmal deutlich länger als geplant. Jetzt bereits haben wir 2550 Seemeilen im Kielwasser. Zum Vergleich: Die kürzeste Strecke zwischen Gran Canaria und Saint Lucia beträgt 2750 Seemeilen. Wir werden in der Summe vermutlich am Ende etwa 3200sm zurückgelegt haben. Das war so nicht vorherzusehen.

Position des PETOYA TOO. Quelle und Copyright: Openstreetmap Mitwirkende. CC-BY-SA 2.0

Wir wissen nicht, wie es den anderen Crews um uns herum ergeht. So viel bekommen wir leider nicht mit. Allerdings können wir aus den täglichen Listen, die wir vom Veranstalter erhalten sehen, dass der größere Teil der Yachten noch auf dem Weg ist. Das bedeutet für mich, dass diese ARC nicht in die Geschichte der schnellen Passagen eingehen wird. Zwar ist das erste Schiff schon lange im Ziel – vielleicht sogar mit einem neuen Streckenrekord – aber viele scheinen mit dem Wetter die gleiche Mühe zu haben, wie wir. Dass wir scheinbar die einzigen sind, die noch so weit im Norden liegen fällt auf. Noch haben wir Wind mit bis zu 20 Knoten aus West. Das macht das Kreuzen besonders mühselig. Aber ab Freitag Abend wird die Flaute auch uns erreicht haben. Dann hoffen wir, dass wir nah genug am Ziel sind, um unter Motor dort hin zu gelangen. Aber noch geht diese Rechnung nicht auf. Wir können nur ca. 320sm unter Motor fahren. Also müssen noch 200sm ersegelt werden. Wenn wir Pech haben, dann stehen uns satte drei Tage Flaute bevor. Erst am Dienstag soll sich wieder ein leichter Wind einstellen. Mal schaun, ob wir die Ziellinie erreichen, bevor sie dort die Zelte abbauen. Wenn nicht, fahren wir direkt nach Martinique, um wenigstens den Flieger noch zu erreichen.

Das Tief, welches sich nördöstlich von uns befindet, tappst auf der Stelle herum und hat wohl das Potential, sich zu einem tropischen Sturm auszuweiten. Es saugt aus seiner größeren Umgebung mit Macht Eneergie in sich auf. Diese Energie fehlt uns dann alsbald. All das schlägt uns weiter auf unsere Gemüter. Wir haben alle drei nicht die Ruhe und Gelassenheit, die es vielleicht braucht, das Ganze zu genießen. Wie könnten wir das auch bei diesen ständigen Bewegungen im Schiff, die dazu noch derart ungleichförmig sind, dass sie richtig viel Kraft kosten. Das ganze Unterfangen hier ist eher vergleichbar mit einem Survival-Training. Es ist schwer, die Motivation aufrecht zu erhalten. Aber wir haben überhaupt keine andere Wahl. Wir müssen da durch, egal wie. Und wir werden es schaffen.

Hier danke ich nochmals allen, die daheim in Gedanken mit auf dieser Reise sind. Eure Kommentare tun uns gut. Sie zeigen uns, dass Ihr mitfiebert und dass Ihr irgendwie mit dabei seid. Ihr gebt uns dadurch auch ein Stückweit Zuversicht.

Hier noch ein paar Kurzmeldungen von Bord:

  • Kein Erfolg mehr beim
  • Fische fangen, Köder schmecken nicht
  • Das nächste Brot (Dinkel) ist gebacken und wartet auf Verzehr
  • Verpflegungslage ist gut und reicht noch für 10 Tage
  • Brauchwassertank ist fast leer, jetzt kommt Katzenwäsche
  • Männer-WG funktioniert nach wie vor sehr gut
  • Diät-Programm zeigt Wirkung, Crew kann zu Weihnachten richtig zuschlagen

 

Dieser Beitrag hat 7 Kommentare

  1. Ulrike Ferber

    Lieber Thomas, liebe Crew, natürlich schafft Ihr das! Wir wünschen euch noch für die Endetappe eine gute Brise Wind und drücken euch ganz fest die Daumen.
    Liebe Grüße und ahoi, Rike & Peter

  2. Rouven Wetzel

    Guten Morgen an Euch drei tapfere Segler.
    Ja, dass mit dem fehlendem Wind ist wirklich blöd.
    Aber Ihr seid nach wie vor am Feld dran und man sieht, wie alle anderen auch auf Teufel komm raus kreuzen.
    Den direkten Weg wünschen sich viele Teilnehmer.
    Haltet die Stimmung hoch und holt das Beste aus Eurem Boot raus.
    Grüße aus Hilden bei 1 Grad und leichtem Nebel.

  3. µ

    Schön zu hören, dass Eure WG gut funktioniert. Wetter scheint wirklich schwierig. Jetzt nach SW zu kommen (euer Heading im YB) scheint eine gute Wahl. Flaute ab 10. Dez, wenn Ihr noch etwas nach Süden kommt (Motor?), sollte es ab dem 12. Dezember wieder gehen.
    YB zeigt Euch gut im hinteren Bereich des „Peleton“, es kommen noch einige Nachzügler hinterher.
    Bis zum 17. Dezember schafft Ihr das bestimmt.
    Und wie immer von allem eine handbreit:
    Frischwasser und Diesel in den Tanks, Strom in der Batterie, Wasser unter dem Kiel, Wind in den Segeln und Optimismus im Gemüt!

  4. Hans Dieter Clemens

    Hallo Thomas und Crew, heute habe ich den ganzen Blog von euch gelesen, von NL bis heute. Habe nichts anderes um mich gespürt als Seegang Wind und Flaute obwohl ich im Sessel saß. Meine ganze Bibliothek über Segler sind schwach gegenüber deinen Berichten. Ich fieber schon auf den Nächsten hoffentlich positiven Bericht. Flaute ist für mich nie nervig gewesen, allerdings habe ich noch nie eine Regatta gesegelt. Sturm mit heftigem Wellengang im Kattegat auch mit einer HR 352 war schlimmer. Also haltet durch und erlebt die Tour so wie sie ist. Nach ein paar Wochen werdet ihr euere Erlebnisse hoch einschätzen können.
    Ich freue mich auf die nächsten Berichte und wünsche euch guten Wind und immer genug Wasser unterm Kiel.

  5. Hans Dieter Clemens

    Ich habe heute euren Standort gefunden. Einschließlich der Route mit euren Kreuzungen gegen Wind. Ihr seid umgeben von Boote die ähnlich kreuzen müssen. Soweit die App richtig informiert. Grüße und Daumen hoch auch von Roswitha

  6. Axel W.

    Geduld ist wahrlich nicht unbedingt eine Ihrer ersten Tugenden aber Durchhaltevermögen. Davon wünsche ich der ganzen Crew einen ganz ordentliche Portion! Ist schon sehr spannend, dank Ihrer Berichte so nah dabei sein zu können!

  7. Iris Kisters

    Lieber Thomas, liebe Crew der Petoya,
    Mittlerweile seid ihr wahrscheinlich heil und gut in St. Lucia angekommen. Wir haben jeden Tag mit Spannung deine Berichte verfolgt und finden es großartig wie ihr auch mal nicht so gute Erlebnisse mitteilt und als Team zusammensteht. Eine ganz große Leistung und ein wirklich großes Abenteuer. Wir drücken Euch für Alles was noch vor Euch liegt, fest die Daumen .
    Herzlichst Iris & Walter aus Lanzarote

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