Am späten Nachmittag zaubern Chris und Guido eine phantastische Suppe – unser erstes warmes Essen auf See – die pikant gewürzt ist und neben Paprika und Hühnchen noch weitere leckere Zutaten beinhaltet.
Wir lassen sie uns schmecken und sind danach in der Lage, das geplante Wachsystem aufzunehmen. Das sieht vor, dass Guido die Wache von 16 bis 20 Uhr hat, dann folgt Chris bis 24 Uhr und ich habe die sogenannte „Hundewache“ die bis 4 Uhr am Morgen geht. Danach löst Guido mich wieder ab und so geht es rund um die Uhr weiter. Ich denke, dass wir so genügend Schlaf bekommen können, wenn nicht gerade irgendwelche Manöver anstehen. Nur muss sich das System zunächst einschleifen und wir dazu einen guten Rhythmus finden.
Wir orientieren uns an der koordinierten Weltzeit (UTC, früher auch Greenwich mean time) Unsere Borduhr ist auf diese Zeit eingestellt und wir belassen während der ganzen Tour die Wachen im Bezug auf die genannte Zeit. Auf diese Weise kommen wir in den Genuss, dass sich auf dem Weg nach Westen der Tag über uns quasi verschiebt. Morgens wird es immer später hell und abends entsprechend später dunkel. So wird dann jeder von uns in seiner Wache mal die Sonne auf- oder untergehen sehen. Es gibt andere Systeme, in denen man alle 15° westlicher Länge die Uhr um eine Stunde verstellt und man sich alle 3 bis 4 Tage an eine Zeitumnstellung gewöhnen muss. Das ist so, als würde man 2 mal in der Woche die Uhr auf Winterzeit stellen. Manche kommen damit schon nicht klar, wenn das zwei mal im Jahr geschieht 😀
Die Zweite Nacht ist immer noch sehr unruhig. Die Wellen sind konfus und heben und senken das Boot in immer neuen Varianten. Sich daran zu gewöhnen braucht seine Zeit. Was gut ist, dass Guido wieder im Vollbesitz seiner Kräfte ist und seine Wache gut durchstehen kann. Das verschafft allen deutlich mehr Phasen der Entspannung.
Von zu Hause bekommen wir mit, dass wir im Ranking auf Platz 3 sind. Das ist allerdings nur eine verfälschte Momentaufnahme. Ich habe nochmal nachgesehen und tatsächlich wird von der Restdistanz bis zum Ziel gezählt. Und da haben wir eben gestern entschieden, dass wir den guten Wind nutzen wollen und schon sehr früh in Richtung Westen abgedreht haben und uns somit auf dem direkten Weg zum Ziel befinden. Allerdings ist die Frage, ob wir damit wirklich gut beraten sind. Weiter südlich wird der Wind in den kommenden Tagen konstant gut bleiben und auf unserer Route wird er deutlich schwächer. Nachdem ich die neuesten Wetterinformationen eingeholt habe, diskutieren wir, wie wir weiter vor gehen. Und es ist schnell klar, dass wir so leider nicht weiter fahren können. Keiner von uns hat Lust auf ein großes Flautenloch. Da der Wind jetzt schwächer wird – nur noch 3 bis 4 Bft. – holen wir die komplette
Segelfläche heraus. Unsere Fahrt hat sich in den letzten Stunden deutlich verlangsamt. Wir ändern den Kurs auf Süd bis Südwest und kommen jetzt wieder besser voran – allerdings auf Kosten unserer Platzierung im Feld – und kommen hoffentlich in den Gürtel mit stetigen Winden
hinein. Auf die Platzierung schaue ich frühestens nach einer Woche mal. Das wird vermutlich eine höhere Aussagekraft haben als im Moment.
Beim Manöver eben ist eine Welle über gekommen und hat mich trief nass auf dem Deck zurück gelassen. Diese Gelegenheit nutze ich zum ersten Bad auf der Außenplattform. Ich ziehe das Sicherheitsgeschirr an und hake eine Leine im Achterstag ein. Dann geht es am Heck des Bootes eine Stufe herunter und ich setze mich auf den Tritt. Der Eimer – in Seglerkreisen „Pütz“ gennant kommt zum Einsatz. Lauwarmes Atlantikwasser ergießt sich über mich. Das tut gut. Ich nehme noch drei vier Eimer. Einseifen, dann nochmal Salzwasser und zum Schluss dann über die Außendusche ein wenig Frischwasser. Fühle mich danach deutlich wacher.
Dann wird es wieder spannend. Wieviele Seemeilen haben wir in den letzten 24h geschafft? Pünktlich um 13 Uhr (UTC) lese ich die Position ab und ermittle die Distanz zum gleichen Zeitpunkt des Vortages. Ein wenig Enttäuschung ist schon dabei, als das Ergebnis feststeht. Nur 139sm wurden zurückgelegt. Da gibt es noch Potential nach oben. Die Durchschnittsgeschwindiglkeit lag bei 5,7kn. Das ist trotzdem in Ordnung.
Jetzt also ab in den Süden, der Sonne hinterher – auch wenn sie irgendwann nach Westen abdreht – und schauen, dass wir den Anschluss an das große Feld nicht verpassen. Das hat auch den Vorteil, dass wir für alle Fälle wieder andere Schiffe in der Nähe haben. Die Stimmung an Bord ist gut. Und ich glaube, dass wir bald eine Rouine in die Abläufe hineinbekommen werden.
Es ist schön zu wissen, dass es so viele gibt, die an unserer Reise Anteil nehmen. Euch weiterhin viel Spaß beim lesen des Blogs und dem Verfolgen der Vorwärtskommens auf YB-Races.
Hey Thomas, weiterhin gute Fahrt….ich bleibe auch dran….. 😉 Ihr macht das Klasse!
Weiter so – hört sich doch gut an!